Schöneberg

Waldkomplex nahe Hofgeismar

Hohler Lerchensporn im April am Schöneberg
Hohler Lerchensporn im April am Schöneberg

Eines unserer interessantesten und wichtigsten Waldbiotope ist der Schöneberg bei Hofgeismar. Nördlich von Hofgeismar gelegen, beherrscht er die Täler von Esse und Diemel. 323 m ragt er steil hinauf, so dass eine Besteigung trotz der relativ geringen Höhe ein wenig Anstrengung erfordert.

 

Historische Entwicklung

Graf Hermann von Winzenburg erkannte diese günstige Lage und erbaute 1151 auf dem noch unbewaldeten Berg eine Ritterburg. Nach einer wechselvollen Geschichte ist von der Burg außer einem kleinen Mauerrest und dem Brunnen nichts übrig geblieben, diente er doch nach 1538 als Steinbruch. Die botanische Reichhaltigkeit des Berges beruht auf spezifischen geologischen Gegebenheiten. Auf Rötschichten mit Ton-Schluffstein (oberer Buntsandstein), der die unteren und mittleren Hänge formt, folgt im oberen Hangbereich der untere Wellenkalk mit Mergel und Kalk- gestein (unterer Muschelkalk). Im Tertiär wurden diese Schichten vom Basalt (Vulkantätigkeit) durchbrochen, wobei der westliche Gipfelbereich vollständig von Basaltgestein gebildet wird, im östlichen Bereich dagegen Basalt- neben Kalkgestein liegt. Die vulkanische Aktivität ist Ausdruck des Zerbrechens der tieferen Erdkruste im Bereich der Hessischen Senke vor ca. 60 Millionen Jahren.

 

Eichen-Hainbuchenwald

Wagen wir eine Besteigung!

Schon nach wenigen Metern oberhalb  des Parkplatzes befinden wir uns in einer höchst interessanten Waldgesellschaft. Auf nährstoffreichem Boden, begünstigt durch gute Wasserversorgung (Hang, Rötschicht) stockt hier ein Eichen-Hainbuchenwald (Stellario-Carpinetum). Die Baumschicht zeigt in ihrem Gepräge eher Mittelwaldcharakter, dementsprechend  der Lichteinfall recht hoch. Unter solchen Bedingungen entwickelt sich eine reichhaltige Krautflora. Neben einem Grundstock von Scharbockskraut (Ranunculus ficaria), Sternmiere (Stellariaholostea), Waldveilchen (Viola reichenbachiana) und Bingelkraut (Mercurialisperennis) findet man als botanische Kostbarkeiten Türkenbundlilie (Liliummartagon), Stattliches Knabenkraut (Orchis mascula), Salomonssiegel (Polygonatum multiflorum) und auch Schuppenwurz (Lathraea squamaria). In  der Baumschicht herrschen Hainbuche (Carpinus betulus) und Feldahorn (Acercampestre) vor.

 

Es ist nicht verwunderlich, dass diese anthropogen bedingte Gesellschaft am Rande vorzufinden ist, denn diese Bereiche sind am leichtesten zugänglich und unterliegen  wohl somit einem höheren Nutzungsdruck. Je weiter wir den Hang hinaufgehen, desto mehr schließt sich das Kronendach der Baumschicht (hauptsächlich Buche, Esche und Hainbuche). Der Wald wird höher, lichtbedürftigere Arten treten zurück. Wir befinden uns im Perlgras-Braunerde- buchenwald (Melico-Fagetum). In der Krautschicht herrschen typische Arten wie Waldmeister (Galium odoratum), Buschwindröschen (Anemone nemorosa), gelbes Windröschen (Anemone ranunculoides), Aronstab (Arum maculatum) und Lungenkraut (Pulmonaria officinalis) vor. Typisch das massenweise Vorkommen von Bingelkraut (Merculiaris perennis) das hier tiefgründigere Böden mit stärkerem Kalkeinfluß, z.B. bei Vermischung von Kalkabbrüchen mit Röt oder an Unterhängen der Kalkplateaus, kennzeichnet. Auch Frühlingsplatterbse (Lathyrrus vernus) ist hier zu finden. An ausgehagerten Hängen verarmt die Krautflora recht deutlich.

 

Platterbsen-Kalk-Buchenwald

Schließlich erreichen wir - schon im oberen Bereich - die auf reinem Kalkgestein wachsenden Waldgesellschaften. Es handelt sich um Platterbsen-Kalkbuchenwälder. Kennzeichnende Arten sind hier Frühlingsplatterbse (Lathyrus vernus), nesselblättrige Glockenblume (Campanula trachelium) und vereinzelt auch Türkenbundlilie (Lilium martagon). Interessant sind die flachengründigen, meist windexponierten Plateaukanten mit steil abfallenden Hängen. Hier gedeiht der Maiglöckchen-Platterbsen-Kalkbuchenwald (Melico-Fagetumlathyro-convallarietosum). Die Buche ist hier deutlich schlechter wüchsig, und in der Krautschicht (lückig) treten anspruchsvollere Arten zurück.

Statt dessen findet man Magerkeitszeiger und lichtbedürftigere Arten wie Maiglöckchen (Convallaria majalis), Waldhabichtskraut (Hieracium sylvaticum), Mauerlattich (Mycelis muralis) und Schwalbwurz (Vincetoxicum hirundinaria).

Auf der Spitze angekommen, erwartet und ein wahres Blütenmeer. Im nahezu geschlossenen Bestand gedeiht hier bei guter Nährstoff- und Wasserversorgung dicht an dicht der hohle Lerchensporn (Corydalis cava). Diese Bestände sind typisch für die Basaltkuppen rund um Hofgeismar und erfreuen ob ihrer Schönheit den Besucher immer wieder aufs neue. Nach dem Abblühen wird der Lerchensporn vom Bingelkraut ersetzt.

 

Aussichten

Nicht zu vergessen, dass man von der Spitze des Schöneberges eine schöne Aussicht über das "Hofgeismarer Land" hat. Das war nicht immer so. Keller schreibt im Jahrbuch 1962, dass man sich wegen der Aussicht ein Besteigen des Gipfels schenken kann, die Aussicht war durch Baumwerk verstellt.

Wegen der vielfältigen Waldgesellschaften auf engstem Raum und der reichhaltigen Flora muß der Schöneberg aus botanischer Sicht als sehr wertvoll eingeschätzt werden. Eine Ausweisung als Naturschutzgebiet wäre sinnvoll.

 

Literatur:

Dierschke, H: Pflanzensoziologische und ökologische Untersuchungen in Wäldern Süd-Niedersachsens. Tuexenia 5,   1985

Keller,R: Der Schöneberg. Heimatjahrbuch für den Kreis  Hofgeismar 1962

Oberdorfer, E: Pflanzensoziologische Exkursionsflora. Stuttgart